Zum Wasserkraft-Projekt an der Leutascher Ache der Touristikverein Mittenwald gemeinsam mit KEW-Werksleiter Matthias Pöll zu einem Informationsabend. 35 Interessierte, insbesondere Anrainer, Grundstückseigentümer und Umweltinteressierte fanden sich im Sitzungssaal des Gemeinderat ein, um sich aus erster Hand ein Bild über die Pläne und die zukünftige Energieversorgung Mittenwalds zu machen und auch über die möglichen Auswirkungen auf die Leutaschklamm zu informieren.
Am Wasserkraft-Projekt an der Leutascher Ache beteiligt sind die Garmisch-Partenkirchner Gemeindewerke, die Gemeinden Mittenwald und Leutasch sowie die Karwendel, Energie & Wasser-GmbH (KEW), das Kraftwerk Farchant sowie eine Gruppe von Privatleuten. Wie Pöll berichtete, gibt es vorerst in Tirol für das Projekt aktuell keine rechtskräftige Entscheidung im behördlichen Widerstreitverfahren. Ein privater Tiroler Mitbewerber kann beim Landesverwaltungsgericht noch Beschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil zugunsten der grenzübergreifenden Projekteinreicher einbringen. Erst wenn dies geklärt ist, kann man weitere Schritte setzen.
Es gab bereits mehrere Anläufe für das Kraftwerksprojekt, das 2020 einen neuen Anschub bekam. Das überarbeitete bayerisch-tiroler Kraftwerksprojekt sieht vor, das Wasser auf österreichischer Seite oberhalb der Klammbrücke im Bereich der bestehenden Querverbauung auszuleiten. Nach der Entsandung durch einen „Coanda-Rechen“ wird das Wasser druch eine Druckleitung aus Glasfaser-Kunststoff in einem 1450 Meter langen Stollen mit etwa sechs Prozent Gefälle zum Krafthaus auf deutscher Seite in die Mittenwalder Wörth geleitet und dort in Strom umgewandelt. Am Ende fließt das Wasser dann zurück in die Leutascher Ache.
4120 Durchschnittshaushalte können mit dem projektierten Kraftwerk in Mittenwald, sowie 560 in Leutasch mit lokal produziertem, grünen Strom versorgt werden. Pro Jahr kann laut Berechnungen eine Einsparung von zirka 8370 Tonnen CO2-Äquivalenten erzielt werden.
Weitere Vorteile sind: Das natürliche Abflussmuster der Leutascher Ache bleibt durch die dynamisierte Restwasserabgabe erhalten. Das heißt: Es treten keine unnatürlichen Abflussschwankungen auf, die die Flora und Fauna negativ beeinflussen. Der kontinuierliche Sedimenttransport in die Klamm wird durch die Gestaltung der Wasserfassung gewährleistet. Da kein traditioneller Entsander zum Einsatz kommt, werden die Spülvorgänge erheblich reduziert und auf den Hochwasserfall verlagert.
Der „Fischabstieg“ über den Coanda-Rechen ist problemlos möglich. Der Einzug von Fischen kann hingegen ausgeschlossen werden. Der Fischaufstieg ist ja schon jetzt aufgrund des vorhandenen Wasserfalls auf natürliche Weise nicht möglich. Und: Bei Niedrigwasser im Winter ist die Klamm für Touristen geschlossen.
Anvisierter Zeitplan: Bis 2026 sollten die Voraussetzungen, insbesondere die Zustimmungen der Grundbesitzer eingeholt und die Rechtsfragen geklärt werden. Nach der Baugenehmigung sind weitere zwei Jahre für die Umsetzung veranschlagt, so Pöll. 1,2 Mio. Euro an Investitionen seien nötig. Die touristische Nutzung nach Fertigstellung des Projekts sei gesichert. Während der Baumaßnahmen könne es aber durchaus zu Klammsperren kommen, wenn der Bauleiter feststellt, dass sich durch die Stollensprengungen irgendwo Gestein gelockert habe.
Die Anfragen der Anwesenden drehten sich um den Planungsstand und den Projektablauf. Einwände gab es gegen Einschränkungen in der touristischen Nutzung der Klamm, die für viel Geld insbesondere auch aus EU-Mitteln erschlossen wurde. Man wollte wissen, wie sich die Sprengungen auf den Wald und nahegelegne Quellen auswirken und ob es schon Zustimmungserklärungen von einem der mehr als 50 Grundstückseigentümer gäbe. Sowohl KEW-Chef Matthias Pöll als auch Ingrid Sailer vom Touristik-Verein bedankten sich abschließend bei den Zuhörern für die sachliche Debatte und gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass man mit dem neuen Kraftwerk auch einen Betrag zur Energieunabhängikeit Mittenwalds beitragen werde.
KEW und Leutasch wollen Wasserkraft aus „Geisterklamm“
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