Im Seefelder Gemeinderat wird fleißig gearbeitet und nicht mehr gestritten. Ein löbliches Resümee nach drei Monaten Zusammenarbeit unter Bgm. Andrea Neuner. Trotzdem schwindet das Interesse der Zuhörerschaft und der Presse. Bei der letzten Sitzung kamen gerade einmal acht Interessierte und ein Journalist. Und auch sie erfuhren bei der knapp einstündigen Zusammenkunft nur wenig: Es wurde kaum etwas erörtert oder diskutiert. Teilweise wurden nur die sperrig formulierten Tagesordnungspunkte verlesen und abgestimmt. Bgm. Neuner betonte mehrfach, dass die Gemeinderäte in ausführlichen Informationssitzungen alle Auskünfte erhalten haben und man deshalb sofort abstimmen könne.
Eine erste Überraschung gab es zu Beginn der Sitzung: GR Frank Ritzinger trat nach nur zwei Monaten im Amt als neuer Obmann des Sozial-, Bildungs- und Jugendausschusses zurück. Bgm. Andrea Neuner erklärte, Ritzinger werde sich künftig ausschließlich der Bildung einer Gemeindeeinsatzleitung für den Krisenfall widmen.“ Seine persönliche Stellungnahme: „Alles gesagt!“
Bauamtsleiter Klaus Nigg erklärte die Bauansuchen – mehr oder weniger holprig, er ist kein begabter Redner. Diskussionen blieben aus. Zur Abstimmung wurden Texte wie folgt verlesen: “Beratung und Beschlussfassung über die öffentliche Auflage des Entwurfes der Änderung des Flächenwidmungsplanes im Bereich Grundstück 452/5 KG 81131 Seefeld rund 5 m2 von Freiland§ 41 in Tourismusgebiet § 40 (4) sowie rund 21 m2 von Tourismusgebiet § 40 (4) in Freiland § 41…” Wer von den Zusehern bis hierher wirklich etwas verstanden hat, war offenbar besser mit der Materie vertraut als jener Journalist mit 40 Jahren Gemeinderatserfahrung, der verdutzt im Auditorium mitzuschreiben versuchte. Dann kam es zu Abstimmung. Beinahe alle Punkte wurden einstimmig angenommen. Bei 20 Tagesordnungspunkten gab es insgesamt nur zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen.
Dabei waren doch einige für Seefeld sehr wesentliche Punkte auf der Tagesordnung: So erwarteten Zuseher und Presse gleichermaßen eine intensive Auseinadersetzung mit dem Bericht des Landesrechnungshofes. Dazu Bgm. Neuner: „Will jemand dass ich den Bericht vorlese? Der Gemeinderat hat schon mehrfach darüber debattiert und ich halte mich bei allen Beschlussfassungen strikt an die Vorgaben dieses Schreibens. Der 150 Seiten lange Bericht kann von der Homepage des Landes heruntergeladen oder im Gemeindeamt eingesehen werden!“ Vizebürgermeister Alexander Schmid ergänzte noch: „Die Anregungen können wir ohnehin nicht alle sofort umsetzen und müssen dies als Strategiepapier verstehen, wie wir die Finanzen in den kommenden vier Jahren wieder in Ordnung bringen!“
Zwei Monate lang zusätzliche Zeit hatte der neue Seefelder Gemeinderat nach den Neuwahlen vom Land für die Jahresrechnung 2023 bekommen. Nunmehr sind zumindest einige Zahlen auf dem Tisch: Zum Leidwesen der Zuhörer wurden aber nur sechs Summen auf die im Sitzungssaal angebrachten Bildschirme projiziert, die zumindest für einen Großteil des Publikums zu klein und daher unleserlich waren. Die Bürgermeisterin verlas ebenfalls nur diese Zahlen: 1,7 Mio. Abgang im Finanzierungshaushalt und 1,6 im Ergebnishaushalt, Schuldenstand: 7,9 Mio; Gemeindehaftungen: 31 Mio. Euro.
Überprüfungsausschussobmann Hannes Norz ergänzte, dass die Personalkosten auf 3,86 Mio, und die Stromkosten auf eine Mio. Euro angestiegen seien und dass man jährlich fünf Mio. Zuschüsse an die Gemeindebetriebe leiste. Die Belastung durch die Kinderbetreuung sei innerhalb von nur vier Jahren auf das Doppelte angestiegen. Dass LR Cornelia Hagele eine Kostenübernahme der Kindergarten-Gehälter bis 2026 versprochen hatte, beruhigte GR Norz nur wenig: „Ende dieses Jahres ist es für Seefeld fünf nach zwölf!“
Auf Nachfrage bei der Bürgermeisterin, warum man über die Jahresrechnung nicht ausführlicher debattiert habe, meinte sie: “Diese betrifft nicht unseren Gemeinderat und sie wurde von Amtsverwalter Thomas Hauser erstellt und fasst die Zeit von Bgm. Wackerle, Vizebürgermeister Steiner und jene des Amtsverwalters zusammen. Für uns gilt es den Blick nach vorne zu richten. Ich war nur verpflichtet, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu stellen!”
Positiv erledigt wurden alle nötigen Umwidmungen für die Siedlungserweiterung hinter dem Camping-Areal und das Projekt Hexenhäusl. Einstimmig wurden die vorliegenden Subventionsansuchen der Seefelder Vereine genehmigt. Für die Seefelder Plattler und den Jugendtreff hat man neue Räumlichkeiten im Schützenheim gefunden.
Last but not least gab es einen fünf Minuten langen, fast in Stichworten gehaltenen Tätigkeitsbericht der Bürgermeisterin, aus dem hervorging, dass sie und ihre beiden Vizebürgermeister im abgelaufenen Monat wieder unglaublich viel geleistet hatten. Doch auch die durchaus interessanten Details, was man bei all den Sitzungen und Terminen erreicht hatte, blieben der Öffentlichkeit verborgen. Öffentlichkeitsarbeit und öffentliche Gemeinderatssitzungen sehen eigentlich anders aus!
Seefeld schrieb 1,7 Mio. Euro minus
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