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Geldnot als große Herausforderung

Die jüngste Seefelder Gemeinderatsperiode war geprägt von der Nordischen Weltmeisterschaft 2019 und deren Nachwehen: denn die Ausfinanzierung ist weiterhin nicht gesichert. Auf Grund der politischen Verhältnisse und dem Druck der Opposition trat acht Monate vor der Wahl Bürgermeister Werner Frießer zurück. Da die Coronakrise die Einnahmen der Gemeinde massiv einschränkte, wird es wohl Jahre dauern, bis sich der Plateauort von den Geldnöten erholt.
Dabei erbrachte die Gemeinderatswahl 2016 für Bgm. Werner Frießer ein erfreuliches Ergebnis: Er gewann ein Mandat, die Bürgerliste verlor gleich zwei. Frießer machte Markus Wackerle wieder zu seinem Stellvertreter und versuchte mit GR Sepp Kneisl und Alexander Schmid zwei Oppositionelle in die schwierigen Finanzverhandlungen für die WM miteinzubinden. Doch schon bald stellte sich heraus, dass die Bürgerliste gemeinsam mit den Listen Frischer Wind und Aktiv für Seefeld einen starken Gegenpol zu den Ideen Frießers bilden konnte und so kam es auch schon in der Vor-WM-Zeit zu heftigen Finanzierungsauseinandersetzungen.
Da aber alle mehr oder weniger hinter der WM standen und es der Gemeinde finanziell noch recht gut ging, konnten zahlreiche Projekte umgesetzt werden: In Eppzirl ging ein Trinkwasserkraftwerk erfolgreich in den Betrieb, die Ortswärme wurde mit einer Ökostromrückgewinnung ausgestattet. Die Volksschule wurde saniert und ein neues Musikschulgebäude errichtet.
Obwohl noch immer keine Förderzusage des Bundes vorlag, begann die Gemeinde 2017 mit der Umsetzung der WM-Bauten. Das größte Projekt war der Bahnhofsum- bzw. Neubau. Er wurde barrierefrei. Ein Busterminal und ein neuer Park&Ride-Parkplatz entstanden. Die Fußgängerzone wurde bis zum Bahnhof ausgedehnt.
Wenige Meter vom Bahnhof entfernt entstand eine neue Verkehrsspange, die dem Chaos bei der Raiffeisenkreuzung begegnen sollte. Vor der Skischule wurde ein Kreisverkehr errichtet.
Des weiteren wurde am Gschwandtkopf ein Speicherteich errichtet und das Basisgebäude um einen Aussichtsturm erweitert. Für den Tourismusverband entstand an der Mösererstraße ein neues Bauhofgebäude, der Fußball- und Tennisverein erhielten in eigenen Gebäuden neue Umkleideräume. Die Tennisanlage wurde erweitert und mit einem neuen Gastronomiebetrieb ausgestattet. Die WM-Halle wurde als Pressezentrum adaptiert und das Fitnessstudio erhielt eine neue Unterkunft. Beim Neubau der WM-Loipen samt Straßenüberführung und Beschneiungsanlage ging eine Baufirma in Konkurs, was zu ersten Unstimmigkeiten zwischen VBgm. Wackerle und Bgm. Frießer führte.
Die WM 2019 übertraf schließlich dank Traumwetter, guter Organisation und toller Stimmung unter Sportlern und Fans alle Erwartungen. Einzig der Doping-Skandal, der einmal mehr auch österreichische Sportler betraf, trübte die Bilanz.
Auch nach der WM wurden dank neuer Einnahmen (das Land beschloss eine Freizeitwohnsitzabgabe, die Seefeld mit 631 Freizeitwohnsitzen besonders entgegen kam) viele Projekte verwirklicht: die Seefelder Jochbahn wurde erneuert. Die Feuerwehr erhielt ein neues Löschfahrzeug samt 42m langer Teleskopmastbühne. Tempo 40 wurde auf den Straßen Seefelds eingeführt. Der Milchhof wurde von der Gemeinde gekauft und dem Erdboden gleich gemacht. Mit Kunstsammler Rafael Jablonka entstand im alten Feuerwehrhaus ein für ländliche Gebiete einzigartiger Ausstellungraum für Moderne Kunst. Gemeinsam mit dem Land Tirol wurden die Seefelder Bäche aufgeweitet und viel Geld in den Hochwasserschutz investiert.
Der Zusammenhalt im Gemeinderat zerbrach hingegen zusehends: Zum einen ging es nach wie vor um die WM-Finanzierung, zum anderen um die Geschäftsführertätigkeiten Frießers bei den Gemeindebetrieben. Wegen Liftstritigkeiten und dem Antrag von Camp Alpin Besitzer Loek Beuker, mit den Landal Green Parks den Campingplatz mit Mobile Homes, Appartements und Campingstellplätzen für mehr als 1000 Gäste ausbauen wollte, kommt es zum endgültigen Bruch zwischen VBgm. Wackerle und Bgm. Frießer. Wackerle trat aus der Liste „Seefeld bewegen“, blieb aber als freier Mandatar Vizebürgermeister. Mit dem Camp-Alpin-Besitzer verhandelten er und GR Kneisl einen Kompromiss mit maximal 650 Nächtigungen pro Tag in Form eines Hotelbetriebes aus. Trotzdem wurden auf einer Wiener Plattform von mehreren Seefeldern eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen, die 620mal unterzeichnet wurde. Auch vier Jahre nach den ersten Verhandlungen scheiterte zuletzt die gemeinderätliche Behandlung des Umwidmungsansuchens, nachdem eine Landesbehörde ihr Veto ankündigt hatte.
Ein Zwischenfinanzierungskredit der mit Jahresende 2020 befristet war, sollte mangels Eingang von zugesagten Fördergeldern verlängert werden. Die Bank ersuchte dafür um Unterfertigung der Verlängerung durch GF Wolfgang Sutiner und zwei Gemeindevorstände. Diese Unterschriften wurden vorerst verweigert, da die Opposition ein persönliches Haftungsproblem befürchtete. Daraufhin wurde RA DDr. Eduard Wallnöfer zur Beratung hinzugezogen. Nach dessen ausführlicher Prüfung teilte der Anwalt dem Gemeinderat mit, dass keine persönliche Haftung für einzelne GR-Mitglieder besteht, weiters empfahl er dem Gremium eine mit der Aufsichtsbehörde des Landes Tirols abgestimmte Vorgehensweise. Diese führte zu einer wesentlich günstigeren Finanzierung und wurde mit einer Gegenstimme vom Gemeinderat beschlossen. Die gesamte Situation löste mehrere Ermittlungsverfahren gegen Frießer aus, die zwar im Sand verliefen, den Rücktritt des Ortschefs aber zur Folge hatten. Seit Juli hat Wackerle als Vizebürgermeister die Amtsgeschäfte in Seefeld übernommen, da seine Ex-Liste ihm die Wahl zum Bürgermeister verwehrte und Neuwahlen wollte. Inzwischen wurde die Gemeinde auch von den Mindereinnahmen durch die Lockdowns voll getroffen. Auch das Budget und die Finanzplanung für die Folgejahre lassen keine Investitionen zu. Man will vor allem Maßnahmen zur Deckung des Wohnbedarfs der eigenen Bevölkerung setzen. Zum Glück hat die Wohnungseigentum bereits mit der Umsetzung der ersten Bauten hinter der WM-Halle begonnen. Nun heißt es hoffen, dass die Coronakrise endlich ein Ende findet und der Tourismus wieder anspringt.

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