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Seefelder Gemeinderat in Quarantäne.

Dramatik pur bei der jüngsten Seefelder Gemeinderatssitzung: Nach heftigen Wortgefechten über die Geschäftsordnung der Gemeindeholding BIG (Beteiligungs- und Infrastruktur GmbH Seefeld) trat Vizebürgermeister Markus Wackerle aus der Liste „Seefeld bewegen“ aus. Bgm. Werner Frießer verstand nicht, warum ihm von GR Sepp Kneisl solcher Hass entgegen schlägt. Für Ersatz-GR Hannes Norz stellte sich gar die Sinnfrage: „Ihr entzieht dem Bürgermeister gänzlich das Vertrauen. Meint ihr, dass er unter diesen Umständen seine Amtszeit beendet? Wollt ihr, dass sich der Gemeinderat auflöst?“ Mitten in die Debatte platzte der Anruf des Landeshauptmanns betreffend der Corona-Krise: Die Tourismussaison ist beendet. Alle Lifte müssen zusperren. Nach einer Woche wurden alle Sitzungsteilnehmer unter Quarantäne gestellt. Ein Anwesender war corona-infiziert!

Zunächst aber zurück zu den Gründen der emotionalen Auseinandersetzung: Wie die PZ bereits mehrfach berichtete, gab es zwischen GR Kneisl und Bgm. Frießer schon öfters Debatten, weil der Gemeindechef neben seinen Aufgaben als Dorfoberhaupt auch Geschäftsführertätigkeiten in Gemeindebetrieben ausübt. In der November-Sitzung einigte man sich schließlich auf eine fachlich fundierte Besetzung des Rosshütten-Aufsichtsrats. 

Der damals ausgehandelte Kompromiss hatte offenbar aber nicht die erhoffte kalmierende Wirkung. GR Kneisl beantragte in der jüngsten Gemeinderatssitzung eine völlige Entpolitisierung der Gemeindebetriebe: „Ich möchte, dass in der Geschäftsordnung der BIG Vorkehrung getroffen wird, dass der Gemeinderat die jeweiligen Geschäftsführer bestellt, dass der Bürgermeister nicht mit der Geschäftsführung betraut wird, sondern den Vorsitz im jeweiligen Aufsichtsrat übernimmt und dass eine vierteljährliche Berichtspflicht gegenüber dem Gemeinderat eingeführt wird!“ 

Bgm. Frießer wollte diese Vorschläge gemeinsam mit einem Notar und Vertretern der Landesbehörden in einer erweiterten Auschusssitzung diskutieren! Kneisl hingegen wollte keine Vertagung der beiden auf der Tagesordnung stehenden Punkte (Änderung der BIG-Geschäftsordnung und Neubestellung des BIG-Geschäftsführers) und regte an, dass man der am 19. März stattfindenden Hauptversammlung der Bergbahnen Rosshütte AG eine Empfehlung abgeben sollte, Bgm. Werner Frießer nicht mehr als Vorstandsvorsitzenden zu wählen. Bgm. Frießer: „Ich habe meinen Job bei der Rosshütte ordentlich gemacht und das Jahresergebnis von vier auf elf Mio. Euro gesteigert. Der Betrieb steht angesichts der Corona-Krise vor großen Herausforderungen und es wäre ein großes Risiko, genau in einer solchen Situation den Vorstand zu wechseln!“ 

Darauf GR Kneisl: „Es gab zuletzt einige Aktionen, die die Glaubwürdigkeit des Bürgermeisters erschüttert haben: Der Gemeinderat hat im Jänner 2017 beschlossen, dass der Geschäftsführer der BIG in keine operativen Tätigkeiten der Gemeindeunternehmen eingreifen dürfe. Als wir im Juni über die BIG-Geschäftsordnung abstimmten, war da plötzlich ein Satz drinnen, über den kein Gemeinderat Bescheid wusste. Dieser besagt, dass die  gesamte WM-Infrastruktur als auch Maßnahmen, die der Gemeinderat als Gesamtpaket beschlossen habe, von dieser Regelung ausgenommen sind. Genau das hab ich in der Folge als Vorstand mitunterzeichnet. Da ich aber der Meinung bin, dass wir alle davon nicht in Kenntnis gesetzt wurden, ziehe ich diese Unterschrift zurück.“ Und: „Der Bürgermeister hat – wohl fußend auf die zuvor genannte Ausnahmereglung – kurz vor der WM einen drei Mio. Euro Zwischenfinanzierungskredit aufgenommen, ohne den Gemeinderat zu informieren. Wäre er zu diesem Zeitpunkt Aufsichtsratsvorsitzender der BIG gewesen, hätte er den Geschäftsführer wohl auf der Stelle entlassen!“

Darauf Bgm. Werner Frießer: „Der Entwurf der BIG-Geschäftsordnung wurde von unserem Notar vorgeschlagen. Ich erwarte mir von jedem Gemeinderat, dass er diese vor der Beschlussfassung gelesen hat und auch GR Kneisl informiert war, was er da unterschreibt. Außerdem ist die angesprochene Formulierung für den Zwischenfinanzierungskredit irrelevant, da der Kredit von der WM-Sportanlagen GmbH aufgenommen wurde. Die Gemeinde hätte zu diesem Zeitpunkt keine Haftung des Landes mehr erhalten. Daher haben LH Günther Platter und dessen Stv. Josef Geisler einen Brief an die Bank geschrieben, in dem sie die finanzielle Aufteilung der Mittel bestätigt haben und zum Glück konnten wir mit der Zwischenfinanzierung noch rechtzeitig die WM-Bauten fertig stellen und eine sensationelle WM für den Ort abwickeln.“

Da GR Kneisl für die Aufnahme eines zusätzlichen Tagesordnungspunktes (Vorschlag für die Wahl des Vorstandes der Bergbahnen Rosshütte) eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Gemeinderat gebraucht hätte, verzichtete er auf eine Abstimmung. Man einigte sich auf die von Bgm. Frießer vorgeschlagene Ausschusssitzung und dass man die von GR Kneisl vorgebrachten Änderungsvorschläge der Geschäftsordnung mit dem Notar diskutieren werde.

Vize-Bgm. Wackerle kündigte unter Tagespunkt „Allfälliges“ an, dass er aus der Gemeinderatsfraktion „Seefeld bewegen“ austritt, und künftig als freier Mandatar und Vizebürgermeister agieren werde. Als daraufhin GR Norz applaudierte und die Entscheidung mit „Endlich!“ kommentierte, kam es zu einigen derben emotionalen Wortgefechten. Mitten in diese platze dann auch noch der Anruf des Landeshauptmanns wegen der Corona-Krise. Wackerle musste sich schließlich sehr bemühen, seine Gründe für die Abkehr von Bgm. Frießer dazulegen: „Es gab neben diversen Unstimmigkeiten Konflikte zwischen den Bergbahnen Rosshütte und dem Birkenlift.  Auch weil ich zu den Listensitzungen nicht mehr eingeladen und mir im Gemeinderat das Wort entzogen wurde, hat dazu geführt, dass ich mir künftig meine eigene Meinung bilden und im Gemeinderat abstimmen werde, wie ich will!

“Eine Woche nach der Sitzung staunten die Anwesenden nicht schlecht, als sie von der Bezirkshauptmannschaft einen Absonderungsbescheid erhielten. Ein Anwesender war während der Sitzung bereits mit Covid-19 infiziert. Bis 26. März darf keiner der Anwesenden sein Haus verlassen!

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