Start Allgemein Bgm. Frießer geht in die Privatwirtschaft

Bgm. Frießer geht in die Privatwirtschaft

„Die letzten eineinhalb Jahre haben wirklich an meinen Nerven gezehrt“, erklärt Bgm. Werner Frießer im Gespräch mit der PZ. „Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich ab der nächsten Wahl einen Job in der Privatwirtschaft in Erwägung ziehe. Die völlig haltlose ‚Anzeige‘ bei der Staatsanwaltschaft durch mehrere Gemeinderäte der Opposition, welche mir am 29. Mai übermittelt wurde, hat mich sehr getroffen. Genau zu diesem Zeitpunkt ergab sich ein tolles Jobangebot, welches ich daraufhin sehr gerne angenommen und für mich den Ausstieg aus der Politik entschieden habe.“
„Zur Anzeige habe ich in der jüngsten Gemeinderatssitzung ausführlich Stellung bezogen und alles entkräftet. Durch aufmerksames Lesen aller Sitzungsprotokolle wäre eine Anklage zu allen Punkten von vornherein hinfällig gewesen. Da ich mich den Seefelder Bürgern verbunden fühle, ist mir eine ordentliche Amtsübergabe sehr wichtig. Wenn es gewünscht wird, stehe ich natürlich noch für eine Weile zur Verfügung, um zum Beispiel die ausstehenden WM-Gelder zu holen!“
Bgm. Werner Frießer leitete 17 Jahre die Geschicke der Gemeinde Seefeld. Genauso abrupt, wie er zu diesem Job kam, so hat er ihn auch beendet: „Als ich 2004 zur Wahl angetreten bin, konnte ich es selbst nicht glauben, dass ich bei der ersten Kandidatur Bürgermeister werde. Jetzt, fast drei Perioden später, versuchte ich die Geschicke der Gemeinde in ‚neue‘ Hände zu legen. Darüber habe ich bereits seit längerem mit meiner Fraktion diskutiert, den Entschluss habe ich schlussendlich rasch gefällt, da man nicht jeden Tag einen interessanten Job finden kann. Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe bei der Familie Fröschl als Geschäftsleiter bei der Axamer Lizum Aufschließungs AG. Mein derzeitiger Vorstandsvertrag bei der Bergbahnen Rosshütte Seefeld-Tirol-Reith AG wäre am 30. April 2022 ausgelaufen, von einer Vertragsverlängerung konnte ich nach der Verkürzung meines Vertrages durch die Opposition nicht ausgehen.“
Sein Nachfolger muss jedenfalls in große Fußstapfen treten, denn allein die Liste der unter ihm umgesetzten Projekte ist lang (nicht vollzählig): Das Feuerwehrhaus wurde neu gebaut, die Strandperle erneuert und das SKZ generalsaniert. Weitere Projekte waren, die Dorfplatzsanierung, die Verlegung des Fiakerplatzes, die Sanierung der Andreas-Hofer-Straße und die Neugestaltung des Gemeindeamtes.
Frießer: „Ein besonders großes Anliegen waren mir die sozialen Einrichtungen und der Schulstandort. So haben wir mit dem Altenwohnverband Telfs gleich zum Start die Seniorenresidenz errichtet. Der Sozialsprengel wurde erweitert und die Hauptschule zur damals modernsten Mittelschule Tirols umgebaut. Wir haben die Kinderkrippe, den Kindergarten und die Volksschule generalsaniert, einen Schülerhort eingerichtet und ein eigenes Musikschulgebäude errichtet!“
Viele Projekte betrafen den Umweltschutz: So wurde etwa die Loba saniert und ein Trinkwasserkraftwerk und die Fernwärme samt Stromerzeugung errichtet. Im gesamten Gemeindegebiet wurden Hochwasserschutzmaßnahmen umgesetzt. Auch im Eppzirl, wo die Gemeinde die Wasserleitung erneuerte und so mit sanierten Hochbehältern die Trinkwasserversorgung absicherte, dass heute auch eine vorübergehende Versorgung von Scharnitz und eine dauerhafte von Neuleutasch möglich sind.
Frießers Hauptvermächtnis werden aber die Bauten rund um sportliche Großereignisse sein: „Bei den Olympischen Jugendspielen wurde die erste Ausbaustufe des Nordischen Leistungszentrums rund um die Sprungschanzen, Loipen und das Biathlonstadion geschaffen. Für die Nordische Ski-WM 2019 wurden dann die Loipenbeschneiung, die Tennis- und Fußballplätze, der Kabinentrakt und der neue Bahnhof samt Erweiterung der Fußgängerzone errichtet. Die WM-Tennishalle wurde erneuert und bei der Casino-Arena das Basisgebäude erweitert.“ Frießer war schließlich auch ehrenamtlicher Geschäftsführer mehrerer Gemeindebetriebe und halbtags Geschäftsführer der Bergbahnen Rosshütte. In dieser Funktion hat er das Parkdeck errichtet, den Rosshüttenexpress, die Härmele- und Jochbahn erneuert und die Beschneiung ausgebaut. Aus dem 4,7 Mio. Euro-Betrieb (Umsatz) wurde ein 12 Mio.-Unternehmen. „Wenn die zugesagten Covid-Förderungen kommen, stehen wir auch dort liquiditätsmäßig sehr gut da!“
Wird der zurückgetretene Bürgermeister Obmann des Ski­club Seefeld bleiben? „Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht“, so Frießer. Ohne Zweifel werde ich die Weltmeisterschaft für Sportler mit mentaler Einschränkung im März 2022 veranstalten, da ich dafür bereits meine fixe Zusage gegeben habe, außerdem ist es mir eine Ehre, da Markus Grameiser aus Seefeld als große Medaillenhoffnung dabei sein wird. Es sind aber die vielen Großevents, vom Austria-, Alpen- bis hin zum Weltcup, die wir über Jahrzehnte ehrenamtlich und mit großem persönlichen Risiko durchgeführt haben, die mir Kopfzerbrechen bereiten. Das wird sich neben einem fordernden Job in der Privatwirtschaft nicht mehr ausgehen. Vielleicht finden sich ja dafür neue Leute, jede helfende Hand ist herzlich willkommen!“
Die WM-Kosten hat die Gemeinde mit einem 5,7 Millionen-Euro-Kredit finanziert. Von der öffentlichen Hand (Bund) fehlen immer noch EUR 4,0 Mio. Wer wird dieses Geld nach der Ära Frießer holen? Der scheidende Ortschef: „Natürlich werde ich bezüglich zugesagter Förderungen weiterhin gerne behilflich sein, schließlich war ich bei allen Verhandlungen Ansprechperson. Der Kredit über EUR 5,7 Mio. wird mit den Einnahmen aus der neuen Freizeitwohnsitzabgabe und freien Mitteln durch auslaufende Finanzierungen getilgt. Diese Summe mag für viele sehr erschreckend klingen. Doch sollte bedacht werden, dass allein die Sanierung der WM-Halle, welche auch ohne WM 2019 überfällig war, mehr als EUR 5,0 Mio. gekostet hat.“
Im Laufe der letzten Jahre hat sich bei ihm die Überzeugung breit gemacht, dass ein Bürgermeister heutzutage neben Managerfähigkeiten auch umfassende Rechtskenntnisse haben muss: „Es wird gegen alles geklagt. Dazu kam noch die Covid-Pandemie, die auch sehr fordernd war. Als Bürgermeister ist man im Grunde 365 Tage und 24 Stunden im Einsatz. Auch ich werde nicht jünger und brauche mehr Erholungsphasen.“

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